Dienstag, 12. März 2013

Autobahnprojekt durch Naturpark und Atelier wirklich so gewollt?

 Aktueller Stand der Dinge:

Ohne offizielle Information der Bevölkerung wurde - abgesehen vom betroffenen Naturschutzgebiet - geradewegs über neu gebaute Häuser und Siedlungen,mitten durch das Wohngebiet zahlreicher Ortschaften, mit der Perspektive der Förderung durch EU-Mittel eine 4-6spurige Schnellstrasse (in der realen Dimension einer Autobahn) geplant!

Mit der Zeit nahm die Unsicherheit bezüglich dieses Projektes immer mehr zu und es kam zur Bildung eines Bürgerprotestes, wobei die Anrainer von zahlreichen Krakauern unterstützt wurden. Ein Sprecher des Marschallamtes von Kleipolen gab schließlich in einem Interview an, dass das Schnellstraßen-Projekt im Moment nicht an der Tagesordung stehe. 
Die Bürgerinitiative "wrogadroga.pl" wird die zukünftigen Bestrebungen des Fernstraßenausbaues im Auge behalten.

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Nach dem Schock, dem Zorn, der Angst der letzten Tage über dieses wahnwitzige Projekt einer Autobahntrasse durch die sensibelsten Regionen im Norden von Krakau, kehrt ein wenig Ruhe ein und es wird Zeit, mit kühlerem Kopf den Sachverhalt zusammen zu tragen.
Offizielle Informationen gibt es im Moment keine. Das einzig sichere ist, dass dieser Frevel zu Papier gebracht wurde. Es muss nun die Zeit genutzt werden, sich selbstständig über sämtliche Umstände zu informieren, die mit diesem Projekt zusammen hängen.
Ein erster Informationsstrang umfasst die Raumplanung unseres Gemeindegebietes. Auf der Homepage von Zielonki wird ein Paket von Karten zum Download angeboten, welches über den Bebauungsplan, Infrastruktur, Landschaftsschutz u. Umweltschutzauflagen etc. detailliert informiert.
Ich habe mir erlaubt, einige Grafiken zur Illustration meiner Argumente hier einzustellen. Die nachträglich angebrachten grünen Kreise markieren ca. die Lage des betroffenen Naturschutzgebietes unter der Verwaltung des Nationalparks Ojców in dessen Bereich sich auch das Atelier Earth Spirit befindet.


Abb.1 Die hier besprochene Problemzone des geplanten Autobahnverlaufes (blaue Linien) befindet sich im Bereich des grünen Kreises.

Ökologische Schutzzonen des Raumplanes von Zielonki

Abb.2 Wirtschaftsplan des Gemeindegebietes Zielonki unter Hervorhebung der Umweltschutzauflagen. Die Variante Nr1 der geplanten Autobahntrasse würde im grünen Kreis den unteren Teil des Naturschutz-Geländes (grün schraffierte Fläche) quer durchschneiden.

Während der letzten Bürgerversammlung äußerte der Bürgermeister von Zielonki die Befürchtung, dass es von Seiten des Landes Bestrebungen gäbe, die Raumplanung zu ändern, um in Zukunft Projekte dieser Art durchsetzen zu können. Solange dieser Verdacht im Raum steht, gilt dieses Schutzgebiet als potentiell gefährdet. Dazu kommt natürlich die Trennung und großflächige Vernichtung von Siedlungsteilen, der lokalen Infrastruktur, im Raumplan freigehaltene Zonen für Erholung und Nahtourismus, aber nicht zuletzt - als sicher eines der gewichtigsten Argumente der Zukunft - eine Gefahr für die Trinkwasserversorgung der Region. Wichtige Trinkwasser-Reservoirs befindet sich im rechten oberen Viertel innerhalb des grünen Kreises (vergleiche auch Abb.1), durch welchen eine der geplanten Routen führen könnte.


 Archäologisch/kulturelle Schutzzonen, Landschaftsschutz

Abb. 3 Diese Karte zeigt u.a. die Schutzzonen für archäologische Fundstellen (gelbbraune Flecken). Anhand örtlicher Funde lässt sich die Zeitlinie des Menschen bis zum Neandertaler zurück verfolgen, der seinen Lebensraum hier mit Ur-Rind und Höhlenbär teilte. Die Schutzzonen verhindern bislang eine intensive Bebauung, um das hiesige Erbe der Menschheit für kommende Generationen zu erhalten. 

Abb.4 Ebenfalls bedeutend in diesem Zusammenhang ist diese Schutzfunktion für historische Hinterlassenschaften, z.B. Gräber gefallener Soldaten aus Epoche der Habsburger Monarchie, die hier ihre nördliche Grenze hatte. Anekdoten aus der Zeit der Urgroßväter sind hier bis heute lebendig.

So blutig die Konflikte entlang dieser Grenze einmal ausgetragen wurden, heute bewirkt das günstige Mikroklima, dass die "Ureinwohner" alt werden. So mancher 20er Jahrgang (liebevoll genannt: Vorkriegsstahl)  ist noch fix auf den Beinen und kann schmunzelnd von Vätern und Onkeln erzählen, denen zwischen den Fronten die russischen und österreichischen Kugeln um die Ohren pfiffen.  



All diese regionalen Umstände habe ich in Planung und Charakter unseres Wohnhauses und des Atelier Earth Spirit einfließen lassen. Es sollte seiner Zeit voraus sein und mit der Landschaft verschmelzen. Abgesehen von den etwas strengeren Auflagen in der Region bestand eines meiner Ziele darin, auf eigenem Grund und Boden nicht nur den Vorschriften des Landschaftsschutzes sondern so weit wie möglich auch der Idee des Naturparks zu entsprechen. In der mehrjährigen Bauphase folgte ich einem selbst kreierten Maßnahmenkatalog, der weit über die damaligen Umweltauflagen hinausging, mit dem Ziel, die durch den Hausbau verloren gegangene Biodiversität mehr als zu kompensieren. Dieser Wunsch hatte sich über alle meine Erwartungen erfüllt!
Seit Jahren nimmt die Biodiversität der hier lebenden Arten zu, ich begann mit Bepflanzung, Teils mit wilden Setzlingen aus der Umgebung, einem speziellem Reliefsystem des Gartens, Altholz und Kompostierung, Nistraum für Insekten, Raum für Kleintiere, Zonen ohne menschlichen Zutritt, Schaffung von Vogel-Nistmöglichkeiten, Futterquellen, Naturwasserverwertung, natürliche Wasserrückhaltebecken für Feuchtzonen, Tränken, Gras und Schotterwege, kein Beton, Naturhecken mit Wildzaun als Einfriedung (ohne Zaun geht es hier leider nicht). Die Rasenflächen werden seit Jahren muskelbetrieben mit Sense und Spindelmäher gepflegt. 


Blick aus dem Blumengarten. Das Wohnhaus wurde in jahrelanger Handarbeit so in das Gelände eingefügt, als wäre es schon immer da gewesen. Parallel zum Bau wurde ein Naturgarten hochgezogen.

Dazu kommen am Haus Selbstverständlichkeiten wie Wärmedämmung, Co2-neutrale Heizung, verschiedenste Formen von Recycling und Verwendung ökologischer Baumaterialien und nicht zuletzt die Einhaltung der traditionellen Bauform (Góralen-Blockhaus), die durch ihr menschliches Maß dem Projekt ihren Liebreiz gibt. Zu meiner großen Freude wurde dieses Konzept von der Nachbarschaft nicht nur akzeptiert, sondern da und dort ein wenig übernommen. Alles was ich tat war, die natürliche Schönheit des Ortes nach allen Kräften zu unterstützen und ich denke, diese kleine Kulturlandschaft entwickelte im Lauf der Zeit eine gewisse Strahlkraft. Viele Besucher loben heute die Ruhe und die Harmonie des Ortes und sind ganz verwundert, wenn sie hören, dass dieses idyllische Bauernhaus nicht von der "Babcia" (Großmutter) geerbt, sondern ein Neubau ist. 


Das Konzept mit dem "persönlichen Naturpark" geht auf. Jeden Tag zeigen sich die Schönheiten der Natur vor der Haustür von einer neuen Seite.


Soweit Zeit und Kräfte reichen, trage ich dieses Engagement in die direkte Nachbarschaft. Die verbuschten, brach liegenden Nachbargrundstücke werden von mir stellenweise frei gesenst, an der Grundstücksgrenze halte ich u.a. als Brandschutz einen alten Fußpfad offen. Zu diesen neuen Äsungsflächen ist Niederwild zurück gekehrt. Es kennt uns schon und schaut seelenruhig zu, wenn wir einen Spaziergang machen. In die Natur geworfener Müll wird sofort von mir entfernt, damit nichts neues dazukommt, denn wenn es sauber ist, kommen die Leute weniger in Versuchung wieder etwas in die Natur zu werfen. 

Alles was ich hier schreibe, sind Selbstverständlichkeiten, über die ich normalerweise nie ein Wort verloren hätte, wäre dieser Ort, dieses Projekt nicht von der Vernichtung bedroht. Es kommt nicht auf die Größe eines Projektes an, sondern auf dessen Sinnhaftigkeit. Und ich denke, die Sinnhaftigkeit meines Projektes geht weiter, als nur die Verteidigung eines Grundstückes mit Haus und Garten.

Abb.5  (auf Polnisch): "NICHT DA LANG!"


Quellen: Abb.1 gazeta.pl, Abb.2-3 Studium Uwarunkowań i Kierunków Zagospodarowania Przestrzennego Gminy Zielonki Abb.4 Detail aus einer Heereskarte der Österreichisch Ungarischen Monarchie 1903 Abb.5 Google Maps (Satelite)





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