Mittwoch, 26. Oktober 2011

Ein freier Kalender (Projekt einstweilen ausgesetzt)

Auf einer älteren Version meiner Webseite gab es eine Rubrik mit Zeichnungen und Bildern in anderen Maltechniken. Ich ergänzte sie mit der Möglichkeit,  Pdfs von Kalendern herunterzuladen und für den privaten Gebrauch auszudrucken. Die originalen Kalender waren zusammen mit Ausstellungskatalogen hergestellt und mit diesen verschenkt worden.


Kalender als Beigabe zur Ausstellung im Erzdiözesemuseum in Krakau 2005

Im Grunde war der erste Kalender dieser Art nichts anderes als eine Spielerei des Grafikers, der für meine Kataloge verantwortlich war und dem meine Skizzen gefielen. Zu meiner Freude wurden die Wandkalender recht begehrt und es kamen noch zwei weitere dieser Art in Umlauf. Als die Zusammenarbeit abgebrochen wurde, reagierten einige Leute mit Bedauern. Manche ließen die alten Kalender sogar einige Jahre hängen und fragen immer wieder, wann denn wieder ein neuer - richtiger - heraus kommt.
Nun für einen "richtigen" Kalender fehlten mir in den letzten Jahren Zeit und Mittel. Die kleinen Auflagen waren nur deshalb möglich gewesen, weil sie auf den Bögen von anderen Drucksachen mitgedruckt wurden, als "Abfall" sozusagen. Das ist nun nicht mehr möglich, eine extra Auflage von 300 - 500 Stück wäre zwar sehr exklusiv, aber ziemlich unwirtschaftlich. 


"Der Thron des Erlösers", nach einem Traumbild


Ein Ersatz dazu sind nun die monatlichen Kalenderblätter  auf meiner Webseite. Sie werden jeden Monat in drei Sprachenversionen aktualisiert (DE/EN/PL). 
Das Layout der Kalenderdaten wird von mir amateurhaft aber ambitioniert mit dem Monatskalender-Adon unter GIMP, einem freien Programm,  hergestellt. Der monatliche Update hat den Vorteil, dass die Skizzen aktuell sind, da sie durchwegs kurz vor der Veröffentlichung entstehen. So wie hier am Oktober-Blatt, wo es sich um den Traum von einem freien Thron handelt.

Die vorrangig sakralen Motive haben sich aus der Tradition der ersten Kalender ergeben und erhalten.  Die christlichen Motive waren ursprünglich Studien zu Ikonen und als Kalender dann als erbauliche und dekorative Ergänzung zu den Ikonenausstellungen gedacht. Die Richtung einer meditativen Beschau will ich beibehalten. Die Zeichnungen entstehen zusammen mit neuen Motiven, durch die ich unsere Zeit anzusprechen will.

Kalenderblatt frei herunterladen


Donnerstag, 13. Oktober 2011

Die ersten Lehmbild-Vernissagen

Janusz Terakowski bei der Eröffnungsrede in der Villa Biały Prądnicki in Krakau.

Zur falschen Zeit am falschen Ort

 Das erste Mal zeigte ich meine Lehmbilder in meiner Geburtsstadt Wien im Jahr 1992 in der Augenklinik "Contacta",  unweit der Kärntnerstraße im Zentrum. Außer einem postkartengroßen Zettel mit der unkorrekten Angabe des Eröffungszeitgpunktes wurden keine Informationen versendet.  Die ersten 15 Bildtafeln hatten damals noch sehr experimentellen Charakter, niemand konnte etwas mit dem Begriff "Lehmmalerei" anfangen, das Publikum bestand hauptsächlich aus zufällig anwesenden Augenpatienten. Die Leitung der Klinik bemühte sich redlich, das beste daraus zu machen, aber es war keine weitere Resonanz mehr zu erwarten. So schnell es ging, hakte ich diesen Misserfolg ab, denn ich hatte nach einem Krakaubesuch die Einladung  in der Tasche, mit den Bildern nach Polen zu kommen.

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Während die Bilder im Korridor der Klinik noch ihre Anwesenheitspflicht taten, organisierte meine spätere Frau und ich die nächste Ausstellung in einem bekannten Krakauer Kulturhaus, dem Dworek Biały Prądnicki. Es handelt sich dabei um eine Villa im Stile des ehemaligen Landadels, deren Hauptsaal ein ideales Ambiente für Konzerte und Ausstellungen abgibt. Die Bilder selbst musste ich umständlich verzollen und mit einem geborgten Auto über die Grenzen bringen. Da kein Grenzer etwas mit "Lehmbilder" anfangen konnte, wurde die Fracht als "Kunstwerke: Kategorie farbige Erdproben" deklariert.

Grundsätzlich ging jedoch alles überraschend gut und und es kamen einige Faktoren ins Spiel, die teilweise nichts mit meiner Malerei zu tun hatten, die aber mehrere Ausstellung in Polen zu einem unerwarteten Erfolg werden ließen.


Vernissagenrede als Botschafter einer besseren Welt.


"Krakau und Wien sind Geschwister"

Wo ich auch hin kam, wurde der "Österreicher" sofort herum gereicht, da gerade die Krakauer so kurz nach der Wende (nach 1989) eine überschwängliche Sentimentalität gegenüber alles Wienerische pflegten, was aus der angeblich so goldenen Epoche der k.u.k. Monarchie herrührte.
Zum anderen, war ich aus dem komfortablen Westen gegen den Strom geschwommen und habe den Gastgebern zusätzlich eine Liebesgeschichte mitgeliefert, eine süße Story, die ebenso sentimental in den Medien verbreitet wurde. Die Leute brauchten  scheinbar solche optimistischen Farbflecke in der damals noch sehr grauen und chaotischen Realität ihres in Reformbemühungen steckenden Landes. Ein Österreicher, der eine Polin in Krakau heiratet, das blieb nicht unerwähnt, diese Sympathie nahmen die Einwohner persönlich.  Zudem war die Lehmmalerei eine absolute Novität und sie bewirkte indirekt, dass sich viele Kreative damals herausgefordert fühlten, ebenso neue Parameter und kräftige ökologische Akzente zu setzen. Das betraf auch die Bereiche Schule und Umweltschutz.

Als Botschafter des Westens

Jetzt im Nachhinein mögen solche Behauptungen, ich hätte mit ein paar Lehmbildern die Gesellschaft verändern können, überzogen wirken, aber die Gunst der Stunde hatte diese Situation geradezu herausgefordert. Die Bilder selbst waren vielleicht wirklich nur zweitrangig. Regelmäßig verschenkte ich welche, aus Dank für die Gastfreundschaft und weil viele Bekannte kein Geld für Kunst aufwenden konnten. Es gab damals niemanden, der meine Stellung als innovativer Künstler in Frage gestellt hätte und in diesen Tagen waren Menschen aus dem Westen die vor Ort öffentlich Einfluss nahmen eine Rarität, besonders solche, die sich mit dem "einfachen Volk" auf Augenhöhe unterhielten und nicht nur ihre eigenen Interessen anbringen wollten.

Polen, das war für nicht wenige Daheim gebliebene ein eher zu meidender Dreckhaufen, die kaputte Hinterlassenschaft eines totalitären Regimes. Es kam in eigenartiger Weise Bewegung in die ansonsten sehr hermetische geistige und kulturelle Landschaft Krakaus, als plötzlich ein leicht naiver, offenherziger Ausländer auftauchte, mit den Leuten hier den Wandel zelebrierte und in den Medien sich positiv über das Leben im Land äußerte. Die ausgetrocknete Medienlandschaft verlangte nach Stoff für visionäre Bilder, konnte noch mit Ideen experimentieren und durch meine wachsende Bekanntheit öffneten sich viele weitere Türen.

Eine heikle Frage, die gern gestellt wurde war: "Wie siehst du unser Land? Was daran ist gut, was ist schlecht?" Die weiteren betrafen alle Lebensbereiche deren Richtung und Zukunft noch komplett offen waren - Lebensstandard Arbeitsmarkt, Wirtschaft, Politik, Religion, Demografie, Bildung und Kunst, Gesellschaft und nicht zuletzt Ökologie - eben aus der Sicht eines banalen Österreichers. Ich hatte weder Bücher, noch deutschsprachige Zeitungen, Telefon oder sonstige Medien für die notwendige Informationsbeschaffung zur Verfügung. Und natürlich immer wieder, wie das denn geht, mit Lehm zu malen und ob die polnischen Frauen nicht schön seien.
In vielen Bereichen herrschte noch große Naivität und vieles holte ich wahrscheinlich deswegen erfolgreich mit jugendlichem Charme aus dem persönlichen Fundus, weil durch die Sprachbarriere und die Notwendigkeit des Dolmetschens die Gefahr von spitzfindigen Diskussionen kaum gegeben war. Wahrscheinlich war es damals meine jugendliche, unbeschwerte Art, welche die Leute überzeugte. Für diesen Anfang war das mehr als ausreichend.

Die bunte Erden aus dem Boden des Landes haben mir geholfen, in diesen Zeiten der Wandlung das Gefühl zu vermitteln, dass neben überraschend schönen Farben noch viel mehr von der Zukunft erwartet werden kann. Wenn man umdenkt, immer weiter lernt, innovativ und offen für neues bleibt ...
 
 
Folgeausstellung in einer Bildungseinrichtung in Nowa Huta









Kinder betrachten während der Vernissage
die schillernden Tonkristalle der Erdpigmente
unter dem Mikroskop.

Als Botschafter des Ostens
 
Nach einiger Zeit war das natürlich nicht mehr ausreichend, es wurden handfestere Lösungen gefordert, um in einer neuen harten Realität zu überleben. Diesen Belastungstest musste auch die Lehmmalerei durchmachen und über lange Strecken waren die Ergebnisse ernüchternd. Meine Botschaft damals war vor allem die Schaffung eines naturnahen Zustandes. Die rein physikalischen Eigenschaften der Lehmbilder hatten jedoch keine spürbar positiven Auswirkungen auf Raumklima und sonstige Lebensverhältnisse in belasteter Umgebung, also dort wo es wirklich gebraucht werden würde. Eine Serie von 15 großformatigen Lehmbildern wurde in einem verrauchten Szenelokal innerhalb eines Jahres komplett vom Rauch vernichtet. In Plattenbauten konnten die erdigen Implante an den Wänden unmöglich gegen die Ausdünstungen von Plastigbelägen, lackierten Wänden und dem Smog der Schwerindustrie ankommen. Ich habe diese Objekte nicht nur entwickelt sondern auch unter extremen Bedingungen getestet.
Andere Eigenschaften sind psychologischer Natur und hier gibt es sicher Auswirkungen, die vom Material besser gefördert werden. Man denkt sofort an die Harmonien der Ökologie, aber diese Sicht greift mittlerweile viel zu kurz.  Hinter dem Urmaterial steht eine ursprüngliche Idee, deren Kenntnis eine besondere Striktheit abverlangt, eine langwierige Umsetzung des noch Unbekannten und eine konsequente Neuordnung des Lebens. Erst nach und nach kam mir die Erkenntnis, das die Lehmmalerei nicht zuerst an das Material sondern an das Wort gebunden ist. Durch das Wort habe ich sie erhalten und dem Wort soll sie dienen. Es dauerte sehr lange, bis ich das begriffen hatte und bis heute suche ich nach dem besten Weg, diesem Anliegen dienlich zu sein. 




Freitag, 7. Oktober 2011

Die Mobile Webseite

MobilEarth & mobilearth

Meine Homepage www.wolfganghofer.com wird  seit 2004 laufend mit Texten und Bildern gefüttert, als Unterseiten habe ich zwei mobile Galerien mit Lehmmalerei ins Web gestellt, die ich hier kurz vorstellen will:

Screenshot der MobilEarth Startseite (in html)

Die mobilen Seiten unterscheiden sich hauptsächlich darin, dass die eine in  einfachem html  und die andere in wml geschrieben wurde. Ich werde hier ausschließlich die html-Version vorstellen, da man in der Regel für WML ein spezielles Plugin in den PC-Browser installieren muss.

Light-Version mobilearth im wml-Browser des Firefox. In diesem Format kann die Seite auch auf älteren oder technisch einfacheren Mobiltelefonen geöffnet werden. Das kann vor allem für den außereuropäischen Raum von Bedeutung sein. 

Ein grundlegendes Service dieser mobilen Webseiten soll in der Weitergabe der in kleinem Format (240 x 320 Pixel) gehaltenen Ikonen sein, die so überall betrachtet und auf das Telefon geladen werden können. Die Lehm-Originale wurden sämtlich von mir persönlich hergestellt, aber im Sinne einer Weitergabe eines der Allgemeinheit dienenden religiösen Wertes, stehen die Reproduktionen für den privaten Gebrauch zum kostenlosen Download frei.

Bei beiden Versionen habe ich versucht, die Download-Rate der Unterseiten möglichst gering zu halten, zwecks der Einsparung eventueller Übertragungskosten und zur Erhöhung der Ladegeschwindigkeit. Dadurch ergibt sich die sparsame optische Ausstattung.
Auch das Format der Ikonen stellt diesbezüglich einen Kompromiss dar.  Die JPG-Dateien sollten auch ohne Flatrate günstig genug zum Herunterladen sein und auf einem größeren Bildschirm noch optisch ansprechen. 


Screenshot der Galerie-Startseite im Firefox-Browser.

Von der Startseite kommt man in drei Sprachversionen wahlweise zur Galerie, dem Atelier, den Ausstellungen, den Workshops, Viedos auf m.youtube.com und FoE, den "Friends of Earth",  Personen oder Instituionen, welche die Lehmmalerei unterstützen. Die Liste wird sich hoffentlich noch verlängern.

Am unteren Ende der Startseite befindet sich ein Balken mit Medjugorje, wo die Botschaft am 25. des jeweiligen Monats auf Deutsch (DE), Englisch (EN) und Polnisch (PL) aufgerufen werden kann. Ich halte die geballte Kraft dieser kurzen Botschaften für sehr wertvoll.



Doch zurück zum eigentlichen Kern der Seite, der Galerie, an dieser Stelle gibt es vier Wahlmöglichkeiten:






Ein Klick auf eines dieser Grafiken führt auf MobilEarth zur Linkliste (z.B.Marienikonen) mit den Titeln der Bilder.

Hier die Liste zur Auswahl einer Marienikone

Ich habe diese Seite alleine aus Liebe zur Sache gestaltet und freue mich, falls dadurch das Mobile-Web um eine Facette reicher geworden ist.


Zur Ansicht: Hl Maria Theotokos, Lehmmalerei 2008


Worklog Startseite

Atelier Earth Spirit
Galerie der Lehmbilder
Bilderverkauf

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Trommeln, dass die Erde bebt

Die Ankündigung, Lehmmalerei 2010, Atelier Earth Spirit
"Die Ankündigung", unter Bilderliste 2011. Es zeigt einen dicken Mann in eigentümlicher Tracht und Federhaube, dessen Mund eine Posaune bildet. Er befindet sich unweit eines Flusses, aus dem Boden ragen bunte Felsen.  Während er trompetet schlägt er sich mit zwei Schlegel auf den Bauch.
Das Bild wurde ca. eine Woche vor der Vernissage im polnischen Wieliczka am 12. März 2011 fertig. Am 11. März bebte in Japan die Erde. Das Bild "Ankündigung" wurde an diesem Tag von mir an die Wand gehängt. Die Posaune wird allgemein hin als "Ruf", "Warnung" oder "Ankündigung" ausgelegt. Unter Wieliczka ist die Erde von Jahrhunderte alten Bergwerksstollen durchlöchert wie ein Schweizer Käse.

Ob es tatsächlich einen solchen Zusammenhang geben könnte, dass kann natürlich niemand belegen. Der Sinn des Bildes ist nach wie vor verschleiert. Für mich jedoch war es ein kleines Schreckerlebenis, ein leiser Wink, dass unserer Erde bei weitem nicht aus so geistloser, zufällig arrangierter Materie bestehen könnte, wie gemeinhin angenommen wird. Eine Ersatzthese zum heutigen wissenschaftlichen Stand der Dinge will ich damit nicht liefern.

Gedanken sollten ihre Freiheit behalten.



Dienstag, 4. Oktober 2011

Verkauf von Bildern (Information nicht mehr aktuell)

 Der Kunsthandel der Galerie Bazar Sztuki wurde eingestellt. Bei Interesse wenden Sie sich bitte über das Kontaktformular meiner Homepage  an mich.


Ab und zu werde ich gefragt, wo meine Bilder zu kaufen seien und wieviel sie kosten. Das ist keine leichte Frage, denn meine Herangehensweise ist nicht so sehr von kommerziellen Beweggründen geprägt. Oder anders gesagt, das Schöpfen, Entwickeln, Finden von Themen und Kompositionen, das Umsetzen, Modifizieren und Vorbereiten von Ausstellungen nehmen mich sehr in Anspruch. Ich habe daher den Verkauf an eine Galerie delegiert, die mir vor einem Jahr zwei besonders gelungene Ausstellungen organisiert hat, das Wesen der Lehmbilder versteht und auch sonst mein Vertrauen genießt. Sicher geschieht das nicht ganz selbstlos, aber durch den Kauf meiner Bilder wird neben der Galerie auch eine rege Kunstszene am östlichen Rand von Polen ein wenig mit unterstützt, in einer Gegend, wo die Uhren anders gehen.

Es handelt sich um die Galerie 
und meine Werke sind hier vertreten.

Die genannte Seite ist nur auf Polnisch, aber im Falle einer Kontaktaufnahme ist Englisch kein Problem. 

Durch den Einfluss der christlich-orthodoxen Religion und dem dadurch vorhandenen Interesse an Ikonen werden vor allem meine Lehmikonen auf dieser Seite präsentiert. Wenn Sie Fragen an mich haben, oder auf Grund der Sprachbarriere einen eventuellen Ankauf lieber über mein Atelier abwickeln wollen, so bin ich über das Kontaktformular meiner Homepage problemlos zu erreichen.
Ich werde mich dann mit der Galerie in Verbindung setzen, welche den Verkauf ordnungsgemäß abwickelt.

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Montag, 30. Mai 2011

Heilige Messe und Bigos

Am 28. Mai, in Polen zum Anlass passend gerade Muttertag, wurde die Rekonstruktion der "Schwarzen Madonna von Częstochowa" am Brama Krakoska, einer weithin bekannten Felsformation im Nationalpark Ojców feierlich eingeweiht.
Artikel über die Ikone in der Lokalpresse

Nach einer Trockenperiode fiel gerade am Tag der Einweihung der lang ersehnte Regen. Trotz des feucht-kühlen Wetters harrten viele Besucher während der einleitenden Messfeier einen Nachmittag im Freien aus.
Am Vortag war es vor dem ersten Regen und der Dämmerung gerade noch gelungen, die alte Ikone ohne weitere Zerstörung aus der Felsnische zu meißeln und die neue an der selben Stelle einzumauern. Dazu musste ein fünf Meter hohes Gerüst aufgestellt und diverse Werkzeuge mit einem Stromgenerator angetrieben werden. Die Arbeiten wurden von einem Organ des Nationalparks  begutachtet, die alte Ikone bleibt im Besitz der Nationalparverwaltung.

Weihung
Am Tag der Feier waren die Strapazen des Vortags vergessen. Es war den Organisatoren gelungen, rechtzeitig eine Postkarte mit dem Motiv der neuen Ikone zu drucken und ein Münzpräger stellte eine Medaille mit ihrem Konterfei her. Alles in allem war es eine sehr meditavie Veranstaltung im Kreis von Einheimischen, für die dieser Ort ein neuralgischer Punkt ist. Unter den nassen Bäumen war eine Freilichtausstellung zu besichtigen, welche anhand alter Fotoreproduktionen die Gegend in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts  zeigte, und manche der Älteren können sich noch an die bereits verschwundenen Häuser und Gehöfte der Bediensteten des damals hier ansässigen Landadels erinnern. Bewuchs, Wege und Grundstücke, vieles sieht heute ganz anders aus, die beiden Felsnadeln des "Krakauer Tors" haben die Zeiten fast unverändert überdauert.

Schauen am Brama Krakowska
Besonders am Wochenende bei Schönwetter ist diese Stelle im Park Ausflugsziel und Verweilpunkt von Jung und Alt aus Krakau. Immer wieder bleiben Gruppen an diesem Knotenpunkt von Wanderwegen stehen, hören  Reiseführern zu, machen Fotos. Immer wieder deuten welche zur alten, nun erneuerten Ikone hinauf. Es ist ein Platz an dem wahrscheinlich seit der Besiedlung des Tals vor Jahrzehntausenden dauernd etwas los ist, der den Menschen in seinen Bann zieht.

Erneuerung der Natur
Immer wieder taucht das Argument auf, woher eine katholische Symbolik das Recht nimmt, einen öffentlichen Ort besetzt zu halten. Ich finde, wenn allgemein religiöse Symbole dazu missbraucht werden, um politischen Parolen und Machtgedanken den Teppich auszurollen, dann ist ihre Darstellung eine Verfehlung.

In dieser Ikonenerneuerung am Brama Krakowska sehe ich keine politische Agitation.  Glaubensinhalte mögen individuell verschieden sein, aber die Auswirkung eines Gnadenbildes auf die Umwelt kann schon als allgemein verständlicher Wert betrachtet werden, ohne jemandem dadurch eine bestimmte konfessionelle Richtung aufzuzwingen. Toleranz sollte in beide Richtungen gehen. Ich bin der festen Überzeugung, dass überall dort, wo eine liebevolle marianische Symbolik wirkt, im Strahlbereich von bestimmten Wallfahrtsorten, diese einen besonders positiven Einfluss auf die Region und deren Natur ausübt. 
Je stärker diese Kraft hervor tritt, desto idealer, blühender und reiner scheint sich die Landschaft zu erhalten.  Reines Wasser, saubere Luft, guter Boden, ein reiches Ökosystem haben einen hohen, heilsamen Wert. Man kann sich nun streiten, welches eine das andere nun bewirkt, doch eines ist klar, der Wert unserer Umwelt wird immer mehr beschnitten. Befinden sich in einer intakten Landschaft anerkannte Punkte für Pilgerer, wird wohl auch für mehr Sauberkeit und Ästhetik der Umgebung gesorgt.

Profaner Ausklang
Tomek Gubała, der  Initiator dieser Ikonenerneuerung, dem sich in Folge immer mehr Mitarbeiter angeschlossen haben, hat vor einigen Jahren den Verein Archezja gergründet, vor allem mit dem Ziel junge Menschen vom Alkohol wegzubringen oder soziale Handycaps zu überwinden. Die Initiative beinhaltet die Ausbildung von Mentoren und Schaffung von Selbsthilfegruppen. Diese veranstalten Seminare auf einem nahe der Felsnadeln gelegenen Waldgrundstück, wo an diesem Nachmittag im Vereinszelt mit heißem Bigos und Grillwürsten vom Lagerfeuer der Ausklang der Veranstaltung gefeiert wurde. Die Stimmung in diesem Langzelt war sehr urig, ein dampfender Kessel Krautfleisch am Boden, die Einheimischen aus der Umgebung, verschiedene Altersgruppen friedlich vereint im Wald.

Sonntag, 22. Mai 2011

Die Ikone am Brama Krakowska

Wahrscheinlich haben selbst viele Einheimische der nächsten Umgebung von nichts von der Existenz eines kleinen Mutter Gottes-Bildnisses am Brama Krakowska, dem "Krakauer Tor" gewusst, einem beliebten Ausflugsziel im Nationalpark Ojców nördlich von Krakau. Das lag sicher daran, dass die Ikone an einer hohen Stelle, nämlich fünf Meter über dem Boden,  an der rechten von zwei Felsnadel so über den Köpfen der Vorüberkommenden angebracht war, dass sie nur jene sahen, die regelrecht danach suchten.
Zudem war sie mit etwa 20 mal 30 Zentimeter recht klein. Und nicht zuletzt hatten die Ausbleichung des Bildes und die Verwitterung des Holzrahmens dazu beigetragen, dass das Bild vom grauen Fels nur mehr schwer zu unterscheiden  war. 

Links im Bild das beschädigte Original, rechts die von mir vorgenommene Rekonstruktion nach der "Schwarzen Madonna von Częstochowa"


Herkunft
So wenig das Bildnis allgemein beachtet wurde, einer wandte immer wieder seinen Blick hinauf zu dieser Nische im Felsen. Tomasz Gubała, aufgewachsen im Tal des Nationalparks und heute als Gemeindebedienster im benachbarten Zielonki tätig, hat einen starkem Bezug zur Region.  Das Bild erinnerte ihn regelmäßig an seinen Großvater, der vermutlich  vor 76 Jahren das heilige Bild als Souvenir von einer Pilgerfahrt aus Tschenstochau mitbrachte und an ungewöhnlich hoher Stelle in den Felsen eingemauert hatte. Der genaue Anlass ist nicht mehr bekannt, aber es gibt einige Vermutungen. So zeigt eine alte Postkarte aus dieser Zeit den Besuch des damaligen polnischen Präsidenten Ignac Mościcki, wie er gerade eine Straße in Ojców eröffnet. Ojców war damals eine bedeutende Stadt.
Ein anderer möglicher Grund könnte ein extremes Hochwasser in dieser Zeit gewesen sein. Das Wasser reichte angeblich bis an die Stelle, wo sich heute die Ikone befindet. Tomasz Gubała nimmt jedoch eher an, dass der Besuch des Staatsoberhauptes der Grund für die Anbringung war.
Handlungsbedarf nach einem Vandalenakt
Tomasz Gubała rief mich im letzten Winter an und erzählte ganz betroffen von einem Vandalenakt an "seiner" Ikone. Die Glasscheibe, welche des zarte, auf Furnierholz gemalte Bildnis vor der Witterung schützen sollte, war mit einem Stein herausgeschlagen worden. Jemand musste mehrmals gezielt haben, denn so auf Anhieb war das kleine Bild kaum zu treffen. Ich erklärte mich spontan dazu bereit, die beschädigte Ikone zu restaurieren. Das ist die beste Antwort auf diese mutwillige Zerstörung. 

Erneuerung
Als der Winter zu Ende ging, rückten wir mit Leitern aus und ich bekam die Gelegenheit, die beschädigten Reste des historischen Stücks am nasskalten Felsen zu untersuchen.  Die geborstene Scheibe hatte den Zersetzungsprozess des feinen Holzfurniers zwar beschleunigt, aber auch ohne Steinwurf wäre das Bild kaum mehr zu retten gewesen. Es musste also mit witterungsbeständigem Material komplett neu rekonstruiert werden. Der Entschluss war schnell gefasst. Noch am selben Tag suchten wir Tomeks Cousin, einen Tischler, auf.  Er stellte einen neuen massiven Hartholzrahmen und eine in traditioneller Methode gefertigte Ikonen-Bildtafel her. 

Die Magie der guten Tat
Es hatte von Beginn an auch etwas Übersinnliches. Schon als ich alleine mit dem Rad in den Park fuhr und so gut es ging am Fuße des Felsen Art, Herkunft und Zustand der Ikone herausfinden wollte, kamen plötzlich Menschen herbei, sprachen mich an, fragten was hier los ist, blieben stehen, kommentierten, fotografierten für mich und gaben ihre Visitenkarten, E-Mailadressen. Es war sehr eigenartig. Normalerweise wird man doch nicht dauernd angesprochen! Alle waren sehr hilfsbereit. Also habe ich sie zur feierlichen Einweihung eingeladen. 

Zunehmende Resonanz des Projektes
Die Vorbereitungen zur Wiederherstellung der Ikone am Brama Krakowska wurde in einigen lokalen polnischen Medien erwäht, wie hier in der Online-Ausgabe des "Kronikarz" (der Chronist), der Gemeinde Skała. Es meldeten sich immer mehr Leute, die zu diesem Projekt etwas Konstruktives beitragen wollten.