Sonntag, 22. Mai 2011

Die Ikone am Brama Krakowska

Wahrscheinlich haben selbst viele Einheimische der nächsten Umgebung von nichts von der Existenz eines kleinen Mutter Gottes-Bildnisses am Brama Krakowska, dem "Krakauer Tor" gewusst, einem beliebten Ausflugsziel im Nationalpark Ojców nördlich von Krakau. Das lag sicher daran, dass die Ikone an einer hohen Stelle, nämlich fünf Meter über dem Boden,  an der rechten von zwei Felsnadel so über den Köpfen der Vorüberkommenden angebracht war, dass sie nur jene sahen, die regelrecht danach suchten.
Zudem war sie mit etwa 20 mal 30 Zentimeter recht klein. Und nicht zuletzt hatten die Ausbleichung des Bildes und die Verwitterung des Holzrahmens dazu beigetragen, dass das Bild vom grauen Fels nur mehr schwer zu unterscheiden  war. 

Links im Bild das beschädigte Original, rechts die von mir vorgenommene Rekonstruktion nach der "Schwarzen Madonna von Częstochowa"


Herkunft
So wenig das Bildnis allgemein beachtet wurde, einer wandte immer wieder seinen Blick hinauf zu dieser Nische im Felsen. Tomasz Gubała, aufgewachsen im Tal des Nationalparks und heute als Gemeindebedienster im benachbarten Zielonki tätig, hat einen starkem Bezug zur Region.  Das Bild erinnerte ihn regelmäßig an seinen Großvater, der vermutlich  vor 76 Jahren das heilige Bild als Souvenir von einer Pilgerfahrt aus Tschenstochau mitbrachte und an ungewöhnlich hoher Stelle in den Felsen eingemauert hatte. Der genaue Anlass ist nicht mehr bekannt, aber es gibt einige Vermutungen. So zeigt eine alte Postkarte aus dieser Zeit den Besuch des damaligen polnischen Präsidenten Ignac Mościcki, wie er gerade eine Straße in Ojców eröffnet. Ojców war damals eine bedeutende Stadt.
Ein anderer möglicher Grund könnte ein extremes Hochwasser in dieser Zeit gewesen sein. Das Wasser reichte angeblich bis an die Stelle, wo sich heute die Ikone befindet. Tomasz Gubała nimmt jedoch eher an, dass der Besuch des Staatsoberhauptes der Grund für die Anbringung war.
Handlungsbedarf nach einem Vandalenakt
Tomasz Gubała rief mich im letzten Winter an und erzählte ganz betroffen von einem Vandalenakt an "seiner" Ikone. Die Glasscheibe, welche des zarte, auf Furnierholz gemalte Bildnis vor der Witterung schützen sollte, war mit einem Stein herausgeschlagen worden. Jemand musste mehrmals gezielt haben, denn so auf Anhieb war das kleine Bild kaum zu treffen. Ich erklärte mich spontan dazu bereit, die beschädigte Ikone zu restaurieren. Das ist die beste Antwort auf diese mutwillige Zerstörung. 

Erneuerung
Als der Winter zu Ende ging, rückten wir mit Leitern aus und ich bekam die Gelegenheit, die beschädigten Reste des historischen Stücks am nasskalten Felsen zu untersuchen.  Die geborstene Scheibe hatte den Zersetzungsprozess des feinen Holzfurniers zwar beschleunigt, aber auch ohne Steinwurf wäre das Bild kaum mehr zu retten gewesen. Es musste also mit witterungsbeständigem Material komplett neu rekonstruiert werden. Der Entschluss war schnell gefasst. Noch am selben Tag suchten wir Tomeks Cousin, einen Tischler, auf.  Er stellte einen neuen massiven Hartholzrahmen und eine in traditioneller Methode gefertigte Ikonen-Bildtafel her. 

Die Magie der guten Tat
Es hatte von Beginn an auch etwas Übersinnliches. Schon als ich alleine mit dem Rad in den Park fuhr und so gut es ging am Fuße des Felsen Art, Herkunft und Zustand der Ikone herausfinden wollte, kamen plötzlich Menschen herbei, sprachen mich an, fragten was hier los ist, blieben stehen, kommentierten, fotografierten für mich und gaben ihre Visitenkarten, E-Mailadressen. Es war sehr eigenartig. Normalerweise wird man doch nicht dauernd angesprochen! Alle waren sehr hilfsbereit. Also habe ich sie zur feierlichen Einweihung eingeladen. 

Zunehmende Resonanz des Projektes
Die Vorbereitungen zur Wiederherstellung der Ikone am Brama Krakowska wurde in einigen lokalen polnischen Medien erwäht, wie hier in der Online-Ausgabe des "Kronikarz" (der Chronist), der Gemeinde Skała. Es meldeten sich immer mehr Leute, die zu diesem Projekt etwas Konstruktives beitragen wollten.



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