Donnerstag, 6. Oktober 2005

Zum Gedenken an Stanisław Musiał SJ

Stanisław Musiał SJ † 2004

Ich persönlich habe wenig Gelegenheit bekommen "Staszek" näher kennen zu lernen. Um genau zu sein, sind wir uns nur ein mal begegnet und zwar im Rahmen eines deutschsprachigen Beichtgespräches. Nachdem ich viele Jahre der Absolution fern geblieben bin, hatte sich der Anlass zu einer Sündenbefreiung vor einer meiner ersten Ikonenausstellungen ergeben. Diese Ausstellung sollte in einer Kirche stattfinden, mit vorangehender Messe. Ich wollte mich daher mit einem ziemlichen Zahnartztgefühl dem  katholischen Akt der Sündenvergebung unterwerfen, nach so vielen Jahren angesammelter Ungemach konnte es nicht schaden. Ich konnte mir schlecht vorstellen, mit meinem damaligen missverständlichen polnischen Gestammel dunkle Seelenflecken hervor zu kehren.
So traf ich auf Stanisław Musiał, der sehr gut deutsch sprach.

Es war spirituell gesehen ein Lotto Hauptgewinn. Jeder Satz dieses Priesters war erhellend, einleuchtend. Gültig und gewinnbringend bis an den heutigen Tag. Er sah, dass ich auf einer Reise bin und hat dem Schiff einen neuen Kompass und einen Rettungsanker geschenkt. 
Von ihm wurde da und dort nur mit vorgehaltener Hand gesprochen. Durch seine liberale und intellektuell fundierte differenzierte Haltung in heiklen Fragen und seiner Offenheit Journalisten gegenüber war er vielen im Klerus ein Dorn im Auge. Daher wurde er mit Öffentlichkeitsverbot belegt, was mit Hausarrest im Kloster gleichzusetzen ist.
Bestrafen konnte man ihn dadurch nicht wirklich. "Freiheit" bestand für ihn in etwas anderem, für viele von uns abstraktem. Sein Lieblingsort war die Kapelle im Jesuitenkloster.
Nach der Beichte zeigte er mir die kleine Kapelle, seinen Platz des Friedens.

Sein unerwartetes Ableben ging durch alle Medien des Landes. Polen ist bis heute ideologisch tief gespalten. Die Befürworter einer offeneren Gesellschaft und Kirche wollen sein Andenken hochhalten, deren Gegner hoffen, dass Menschen wie er schnell in Vergessenheit geraten.

Er wollte nie streiten, polarisieren. Er hat sein Gegenüber mit der Wahrheit konfrontiert und gleichzeitig mit hoher Intelligenz die Widersprüche in uns versöhnt. Er war unserer Zeit weit voraus.

Kommentar von Stanisław Obirek 


Die Vision eines Malers muss nicht der erinnerten Wirklichkeit entsprechen. Besonders sensible Teile der Erinnerung, wie das Gesicht eines Freundes, lassen sich kaum von außen her durch jemand anderen konkret darstellen.

Mit einiger Überraschung fand ich in diesem Bild von Wolfgang Hofer die Person von Staszek Musiał, welche sich mit meinen Erinnerungen an ihn deckt, als Freund, Ordens-Mitbruder, als geistiger Verwandter und über allem als Mensch, der verliebt war in Christus und die Eucharistie.

Durch den Blick des Malers Wolfgang Hofer wurde das Geheimnis dieses polnischen Priesters greifbar, der erst so richtig das Christentum und seine religionsübergreifende Größe spät und in einer dem familiären und traditionellen Erbe ein wenig widersprechenden Weise entdeckte. Diese Entdeckung machte ihn zu einem entgegenkommenden und gesuchten Partner für die Bekenner anderer Religionen, insbesondere der Juden.  

Sie hat ihm allerdings nicht gerade viele Freunde innerhalb des eigenen Ordens und der Kirche eingebracht, sondern entwickelte sich im Gegenteil zur Quelle von Missverständnissen, Schwierigkeiten und sogar Leiderfahrungen.
Es ist schwer darüber zu schreiben und vielleicht deshalb leichter, sich in eine künstlerische Kreation zu vertiefen, dank derer der katholische Priester in einen Davidstern mit der Klagemauer im Hintergrund – dem heiligen Ort der Juden – geschrieben wurde. 
Sicherlich ist es ihm aus der Perspektive des Himmelreiches nicht unangenehm,wenn ihn der Maler am heiligen Ort dreier monotheistischer Religionen - des Judaismus, des Christentums und des Islams - sah.
Vielleicht gibt uns die bildnerische Vorstellungskraft Staszek Musiał als solchen wieder wie er war – in den unsichtbaren Gott blickend und diesen sichtbar machend durch die Eucharistie.





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